Das „Maulwurfswerk“ führt in die „Unterwelt“, wo die Vehikel aus dem „gebrochenen Verkehr“ nicht mehr „Köpf machen“ müssen, sondern gleich hinter der „Bahn-Buche“ im „Loch von Altona“ landen. Von dort rollen „Flüsterzüge“ über „Gummiteppiche“ durch die „Milliardenröhre“.
So wurde vor 40 Jahren nach 14-jähriger Bauzeit die Eröffnung der City-S-Bahn in Hamburg besungen und die Schauspielerin Helga Feddersen eröffnete 1975 mit den Worten „Komme niemals auf die schiefe Bahn“ die Haltestelle Jungfernstieg.
Architekten wie Fritz Trautwein und Hans Loop oder der Keramikkünstler Hans-Günther Baass verliehen den Hintergleiswänden damals ganz individuelle Farbcodes. So sollte beispielsweise die Station Landungsbrücken mit ihren gelben Kacheln und den blauen Wellen die Nähe zur Elbe symbolisieren und den Besuchern eine klare Orientierung geben.
Von den insgesamt 68 Hamburger S-Bahnstationen liegen zehn im Tunnel. Seit 2014 modernisiert die Deutsche Bahn für angesetezte 48 Mio. EUR unter dem Projektnamen „Zukunft Bahn“ diese Stationen:
Königstraße
Reeperbahn
Landungsbrücken
Stadthausbrücke
Jungfernstieg
Harburg
Harburg Rathaus
Heimfeld
Hauptbahnhof
Altona
Wer jetzt glaubt, dass die Farb- und Formenvielfalt als zu erhaltendes Kunstwerk denkmalgerecht erhalten wird, der ist aber auf dem Holzweg und wird von dort aus direkt in eine „moderne, helle und zeitgemäß“ umgestaltete Werbeflächen-Welt geführt.
Die farbigen Fliesen der Hintergleiswände im Design der 1970er-Jahre weichen neuen grafischen Elementen hinter Glas, es werden mehr digitale Beamerkästen integriert, die Böden durch einen hellen Standardboden ersetzt, die Decken dunkel und die Säulen einheitlich weiß verkleidet. Die Farbcodes immerhin sollen bei der Neugestaltung der Hintergleiswände teilweise berücksichtigt werden.
Während die Hamburger Hochbahn die Ringlinie U3 in Hamburg als historisch wertvoll erachtet, ist die Originalsubstanz der S-Bahn-Stationen für die Deutsche Bahn offenbar nicht erhaltenswert. In Berlin ist das übrigens ganz anders: Dort setzen sich „U-Bahnretter“ für mehr Wertschätzung solcher architektonischen Leistungen ein. Die Initiative Kerberos hat mit Gutachten dafür gesorgt, dass bisher 22 betroffene Nachkriegs-Bahnhöfe vor einer Komplettsanierung gerettet und inzwischen unter Denkmalschutz gestellt wurden. Großartig!
Die Haptografin hat sich mit ihrer Serie UNTERIRDISCH dieses Themas angenommen und hält auf ihren dreidimensionalen Bildern die inzwischen abgerissenen poppigen Hintergleiswände von bisher vier dieser betroffenen S-Bahn-Stationen fest. Mit diversen Materialien konstruiert sie ihre Fotografien in der Größe 50 cm x 25 cm auf bis zu 13 Ebenen so nach, dass sie durch vielschichtige Nuancen eine subtile Lebendigkeit entfalten. Die so entstehenden „Haptografien“ sollen nicht nur optisch erfasst, sondern auch ertastet werden.
Am 26./27. Oktober 2019 wurden die Bilder auf dem altonale KUNSTHERBST im ehemaligen Henkel/Schwarzkopfgebäude in Altona ausgestellt.
„ALTONA“
50 cm x 25 cm x 5 cm auf 12 Ebenen
„REEPERBAHN“
50 cm x 25 cm x 2 cm auf 8 Ebenen
„LANDUNGSBRÜCKEN“
50 cm x 25 cm x 2,2 cm auf 13 Ebenen
„JUNGFERNSTIEG“
50 cm x 25 cm x 4 cm auf 8 Ebenen
Lichtinstallation „AUF ST. PAULI BRENNT NOCH LICHT“
130 cm x 40 cm x 7,7 cm auf 14 Ebenen